Ich nehme dir mal die Spannung direkt vor Weg. Nein, ich wurde nicht von einem Hai gebissen. Dennoch hoffe ich, dass du vor Enttäuschung jetzt nicht aufhörst zu lesen, sondern weiter liest.
In Thailand ist das mit Entzündungen so eine Sache. Wir haben eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit, was ich persönlich ausgesprochen angenehm finde, vor allem für meine Haut. Allerdings, heilen Wunden deswegen leider nicht ganz so gut. Man könne meinen, dass ich zumindest im Vorteil bin, dass ich direkt am Meer bin und einfach ins Meer hüpfen kann aufgrund des Salzwassers. Doch dies ist hier nicht der Fall, da das Wasser sehr warm ist und das wiederum bedeutet, dass sich Bakterien hier ziemlich wohlfühlen.
Hier können also von bloßen Mückenstichen echt ziemlich nervige Entzündungen entstehen. Aber zu meinem letzten Biss komme ich erst gleich.
Dezember war ein ziemlich harter Monat für mich. Als frisch gewordene Tauchlehrerin, habe ich echt schon einiges erlebt und auch schon ziemlich gefördert, aber auch gefordert. Anfang Dezember, gab ich einen „Stress & Rescue„ Kurs. Hier lernen meine Schüler unter Stress richtig und schnell zu reagieren, um anderen, aber auch vor allem sich selber helfen zu können. Mittlerweile ist er einer meiner Lieblingskurse zum Unterrichten. Allerdings ist es auch ein echt harter Kurs, vor allem bei diesen einem Mal von dem ich nun berichte.
Mein Schüler A. und ich, sowie auch meine Assistentin, einige andere Schüler und Lehrer waren auf unserem Boot am Ausruhen. Schon bald sollte der nächste Tauchgang losgehen. An den letzten Tagen war das Meer etwas wild. Auch an dem besagten Sonntag gab es einige Wellen und für das, was wir sonst gewohnt waren, etwas stärkere Strömung, vor allem an der Oberfläche.
Plötzlich bemerkten wir, dass bei dem Boot, welchen uns gegenüber verankert war, irgendetwas nicht stimmte. Der Schock für uns alle, zwei Männer zogen einen leblosen Körper auf das Boot. Unser Captain in Kontakt mit dem Captain des anderen Bootes. Eine Tauchlehrerin, die selber auch Thai ist, versuchte zu verstehen, was los war. Dann fragte ich sie, ob das andere Boot wohl Hilfe benötigen könnte. Denn ich sah, wie die Wiederbelebung unterbrochen und wieder angefangen wurde. Ich war immer mehr besorgt. Wieder und wieder fragte ich nach, ob ich rüber solle, um zu helfen. Dann sagte L.: „Ich glaube, ja.“ Keine Sekunde mehr zögerte ich. Ich rannte hinunter, zog mir die Flossen und meine Tauchermaske an und sprang ins Meer. Ich schwamm hinüber. Erwartet hatte ich nichts, doch ging ich davon aus, es handelte sich hierbei um ein Taucherunfall, der wohl eben geschehen war. Doch es war nicht der Fall, dass, was mich „erwarten“ würde, hätte ich niemals mit gerechnet.
Auf unserem Boot hatte ich mich noch gewundert, warum die Wiederbelebung gestoppt wurde, zweimal nach kurzer Zeit, vielleicht aufgrund vor Erschöpfung? Schock? Doch dann begriff ich, warum. Da lag sie nun, eine wunderschöne junge Frau, verstorben. Ich fragte, ob ich helfen könne, doch wie mir war eigentlich klar. Das konnte ich nicht. Denn diese Frau muss schon länger tot gewesen sein.
Mein Herz war zerbrochen, den Anblick werde ich wohl nie vergessen. Diesen Moment ebenfalls nicht. Einige Minuten später traf ein Mann mit einem kleinen Boot ein, der Mann, der mit ihr unterwegs gewesen war. Sie waren Schnorcheln und er hätte sie längere Zeit nicht mehr gesehen. Was genau passiert ist, kann keiner sagen. Doch diese Frau verlor an diesem Tag ihr Leben. Nach einiger Zeit schwamm ich wieder zurück zu unserem Boot, dort angekommen wollte/konnte ich mit niemandem mehr reden. Tauchen schon gar nicht.
Zunächst war mir jedoch wichtig, dass unsere Tauchlehrer, sowie Schüler erfahren würden, es handelte sich hierbei um kein Taucherunfall. Warum diese Frau, diesen schrecklichen Tod erleiden musste, weiß ich nicht, auch verstehe ich nicht, warum ich die wenige war, die so „nah“ dabei gewesen war. In diesem Geschehen geht es auch nicht um mich, bitte versteht mich nicht falsch. Indem ich die teile, möchte ich nicht von mir erzählen, sondern von Gott, der mir in allen nah war. Ich kann mir vorstellen, dass sich jetzt viele fragen mögen, warum Gott dieser armen Frau nicht nah gewesen ist und sie hat überleben lassen. Diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten. Doch ich bin mir sicher, allein hat er sie nicht gelassen.
Mir ging es nicht gut, emotional war ich wirklich am Ende. Doch ich hatte am nächsten Tag einen weiteren Kurs. Am Abend fuhren wir auch zum Nacht tauchen. Nach ca. 40 Minuten schaute ich plötzlich mit meiner Taschenlampe in die linke Richtung und bemerkte schließlich, dass eine Qualle aus meinem Nackenbereich auftauchte. Erschrocken schwamm ich zur Seite und bemerkte, es handelte sich hierbei um eine quadratische. Meine Gedanken waren, wenn es sich hierbei um die sogenannte „Würfelqualle“ handelte, dann würde es sich im schlimmsten Fall nur noch um Minuten handeln. Was passieren würde? Lähmung im ganzen Körper, auch die Organe könnten versagen.
Zunächst dachte ich nun, wenn wir die schon sehen, können wir sie auch von der ferne betrachten. Doch dann erinnerte ich mich plötzlich an den vorigen Tag und ich konnte nicht mehr. Ich wollte einfach lieber zurück aufs Boot. Meinen Schülern machte ich das Handzeichen, wir würden nach oben zurückgehen. Ich sah jedoch nicht, dass unser Boot genau über uns war, ich musste also wieder etwas nach unten tauchen und nach vorn. Dann bemerkte ich, die Qualle hatte mich erwischt. „Gestochen“ oder „berührt“, wie auch immer man es nennen mag. Ich machte erneut das Handzeichen, wir müssen nach oben. An der Oberfläche sagte mir plötzlich meine Assistentin, es hätte auch sie erwischt.
Auf dem Boot war auch die L., die Thai Tauchlehrerin, die am vorigen Tag dabei gewesen war. Ich bat sie um Hilfe und sie handelte schnell. Am Hafen würde der Rettungsdienst schon auf uns mit unserem Chef warten. Der Captain, sowie auch noch andere versuchten uns mit kochendem heißen Wasser, die Stellen zu betäuben bzw. zu reinigen, die betroffen waren.
Als alle Taucher aus dem Wasser waren, fuhren wir direkt zum Hafen und direkt wurden wir ins Krankenhaus gebracht. Mit 6 Flaschen Essig wurde ich „geduscht“. Mir wurde direkt ein Medikament verabreicht und ich musste zur Beobachtung bleiben. Denn mein Körper hatte eine allergische Reaktion. Allerdings war ich wirklich gesegnet und bewahrt, denn ich wurde aufgrund meines langen Taucheranzugs nur an meiner Hand getroffen und ich glaube, das rettete mir aufgrund meiner Reaktion das Leben. Meine Assistentin wurde nämlich am ganzen Unterarm getroffen, hatte jedoch keine allergische Reaktion gehabt.
Die nächsten Tage blieb ich aus dem Wasser raus. Ich brauchte eine Pause. Emotional war ich am Ende. Völlig am Ende. Zu nichts war ich ehrlich gesagt zu gebrauchen. Es dauerte eine Weile. Ein paar wirklich gute Freunde halfen mir dadurch und auch meine Tauchschule unterstütze mich in diesem für mich schweren Tagen.
Erholt ging es mir nach einiger Zeit wieder gut. Letzte Woche jedoch ließ ich mein Blut untersuchen, denn ich fühlte mich erschöpft. Vielleicht würde wie so häufig Eisen fehlen oder irgendwelche anderen Vitamine in mir? Die Ergebnisse allerdings waren überraschenderweise hervorragend. Denn die Werte waren wirklich gut! Vor ein paar Tagen dann bemerkte ich, dass ich eine Entzündung hatte. Mich hatte irgendwas in meinen Hintern gebissen (entschuldigt die Information :D, aber ist schon ein wenig witzig). Ich ging weiter und weiter tauchen. Nun ja, ich konnte zwischenzeitlich kaum laufen, geschweige den wirklich sitzen. Dann musste ich zum Arzt und ja, das Ganze hatte sich so stark entzündet, dass es schließlich aufgeschnitten werden musste. Ob es letzten Endes eine Spinne war oder eine kleine nervige Mücke weiß ich nicht. Was ich jedoch weiß, ich bin wieder für ein paar Tage raus aus dem Wasser und nicht beim Sport. Irgendwie ist das ganze ein bisschen ätzend, doch mir ist während des Schreibens aufgefallen, dass es auch ein absoluter Segen ist.
Ich durfte an diesen Tagen nämlich Gottes Nähe ganz neu spüren. Auf eine andere Art lernen bei ihm zu sein und aufzutanken. Es gab schon einmal (wahrscheinlich schon mehrere) eine Phase in meinem Leben, in denen Gott Dinge zuließ, um mich aufzuwecken. Auch das habe ich gerade erkannt. Vielleicht ist Dezember und auch der Anfang dieses neuen Jahres einfach nur das Wachrütteln seiner so starken Liebe zu mir. Und auch wenn die Wege manchmal schwer zu verstehen und auch schwer zu ertragen sind, dürfen wir darauf vertrauen, dass seine Wege die Richtigen sind.
Nächste Woche erkläre ich euch, was es mit dem Wort „endurance“ in meinem Leben auf sich hat und was ich mit diesem Blogeintrag gerade erkannt habe. Ich bin dankbar dafür und freue mich schon jetzt euch davon ausführlicher zu berichten.
Bis dann!
Janine
P.S.: Übrigens hatte ich diesen Hai beim Schnorcheln gefilmt. Ein Schwarzspitzen-Riffhai (Blacktip reef shark)